Grünhof Social Innovation Hub

Freiburger Gründerluft schnuppern mit Bike Bridge

Als wir im Sommer diesen Jahres das Social Innovation Lab in Freiburg und das Gelände des Grünhofs und Kreativparks („Lokhalle“) besuchten, trafen wir auf Lena Pawelke. Die ehemalige Sportstudentin hatte im SIL das Sozionauten-Programm mit ihrem Verein Bike Bridge durchlaufen. Grund genug für uns, einmal genauer nachzufragen.

 

Vom Brücken bauen und Fahrrad fahren

 

Lena hat Bike Bridge zusammen mit zwei weiteren Sportwissenschaftlerinnen gegründet. Einer ihrer Mitgründerinnen, die Iranerin Shahrzad Mohammadi, fiel bei einem Besuch 2015 in einem Flüchtlingsheim auf, dass dort kaum Frauen auf dem Hof waren. Stattdessen spielten nur Jungen und Männer Fußball oder Basketball. Shahrzad Neugierde war geweckt. Wie konnte man das ändern? Sie stieß ein wissenschaftliches Projekt an mit der Leitfrage: Wie kann ein Sportangebot aussehen, das auch für Frauen attraktiv ist und außerdem deren Integration fördert? Aus der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Sport und Integration entstand zusammen mit Clara Speidel und Lena das erste Konzept für Bike Bridge, 2016 startete ein Pilotprojekt, ein Jahr später gründeten die jungen Frauen schließlich den gemeinnützigen Verein.

 

Unter dem Motto „Bewegen, Verbinden, Stärken“ hilft Bike Bridge geflüchteten Frauen, aus der gesellschaftlichen Isolation herauszukommen, Sport zu machen und unabhängiger zu sein. Das geeignete Vehikel für diese Mission: das Fahrrad. „Für uns in Deutschland ist das für Männer wie Frauen so selbstverständlich, aber in vielen Herkunftsländern der Geflüchteten sind vor allem fahrradfahrende Frauen eher verpönt und werden ungern gesehen“, erklärt Lena. Neben Radfahren lernen die Frauen auch, die Räder zu reparieren, sie erkunden damit die Stadt, tauschen sich dabei aus. Ein wichtiger Beitrag. Denn: „In den Gesprächen reden sie über große gesellschaftliche Themen: Inklusion, Frauenrechte und Gleichberechtigung, Mobilität, Kultur der Reparatur, Nachhaltigkeit …“, so Lena.

 

Nachhilfe für die Gründerinnen

 

Damit das Projekt rund läuft, müsse man sich natürlich stetig mit der eigenen Organisation beschäftigen: „Wie halte ich meine Organisation am Leben und wie finanziere ich meine Ideen?“ Für Lena sei die Arbeit im Social Innovation Lab wichtig gewesen, schließlich habe sie durch das Sozionauten-Inkubator-Programm elementare Einblicke in Marketing, Fundraising oder agile Arbeitstechniken bekommen. Nicht nur das professionelle Coaching sei hilfreich gewesen, sondern auch der Austausch mit den anderen neun Projekten, die in den Container-Büros im Kreativpark arbeiteten, wo das SIL seine Heimat hat.

 

Die Szene in Freiburg

 

Freiburgs Social-Entrepreneurship-Szene ist nicht einfach zu verstehen. Die Gründerszene ist in Freiburg stark durch die Grünhof GmbH und den Grünhof e.V. – Verein für gesellschaftliche Innovation geprägt. Der Grünhof ist ein Co-Working-Space zentral in der Freiburger Innenstadt. Am Stadtrand gibt es zudem den Kreativpark „Lokhalle“ mit 1.600 Quadratmetern und damit größer als der Grünhof. Das Social Innovation Lab ist in einem Teil der Halle Zuhause, in denen vor allem Start-ups arbeiten und gefördert werden, die gesellschaftliche Innovationen vorantreiben. Das Programm „Sozionauten“ wurde vom SIL aufgesetzt – ein Inkubator für Ideen aus der Sozialwirtschaft, um „innovative Projekte für die soziale Versorgung und gesellschaftliche Teilhabe zu entwickeln und umzusetzen“. Im Vordergrund steht hier die Zusammenarbeit von Start-ups und etablierten Wohlfahrtsorganisationen. Das ist wichtig, schließlich verfügen große Organisationen – wie es auch Sportverbände sind – zwar über sehr gute Strukturen, es mangelt ihnen aber leider oft an innovativer Kraft. Beide zusammen können also voneinander lernen, sich gegenseitig stützen und antreiben. Eine klassische Win-win-Situation.

 

Lena erzählt, die Stadt sei generell sehr nachhaltig und habe aufrichtiges Interesse an neuen Ideen. Zudem sei die Szene überschaubar, die Wege seien kurz und niemand müsse sich ausgeschlossen fühlen.

 

Und weiter im Programm

 

Das Inkubator-Programm im SIL sei für Lena sehr wichtig gewesen: „In den letzten Jahren haben wir viele Erfahrungen gesammelt, die wir wissenschaftlich evaluiert haben. Außerdem konnten wir uns organisatorisch mit Hilfe diverser Unterstützerprogramme sehr schnell und effizient professionalisieren.“ Den Kinderschuhen entwachsen, möchten die Gründerinnen nun vor allem, dass ihr Projekt auch in Zukunft existiert. Und nicht nur in Freiburg. „Wir wollen das Konzept in die Welt tragen oder wie man in der Start-up Welt sagt: skalieren“, sagt Lena. „Deshalb haben wir ein Curriculum aufgebaut und können so Erfahrungen weitergeben.“ Anfragen gibt es zum Beispiel aus Frankfurt, Köln und Hamburg. „Wichtig ist es, dass unsere Partner verstehen, dass so ein Projekt eine echte Herausforderung sein kann. Neben kulturellen Kompetenzen braucht man jemanden, der Trainings durchführt und jemand Technik-affines, die sich um Reparaturen kümmert“, so Lena. Die Qualität steht für sie an erster Stelle: „Wo Bike Bridge drauf steht, soll auch Bike Bridge drinstecken.“

 

Sport überwindet Grenzen: Semaine d’accélération incubateur Sport & Réfugiés

 

Wie andere es machen, konnten die Gründerinnen beim von der EU geförderten Inkubatorprogramm Play international in Erfahrung bringen. Im Juni 2018 trafen sich sieben europäische Sportprojekte, die sich mit dem Thema Integration beschäftigen zur „Semaine d’accélération incubateur Sport & Réfugiés“ in Paris. Lena erzählt, dass es guttat, sich mit gleichgesinnten Initiativen auszutauschen und sich auf Augenhöhe über Herausforderungen, Chancen und Erfolge zu unterhalten. Die internationale Sportorganisation hat ebenfalls ein Inkubator-Programm an den Start gebracht, das Playlab. Auf der Website heißt es: The goal of this physical and digital platform is to identify, co-produce and share new solutions brought by sport to educational, social, health and humanitarian issues in our societies.”

 

Der Playlab-Chef hat Bike Bridge bereits besucht und mit den Gründerinnen über Skalierbarkeit und mögliche Zukunftsentwicklungen diskutiert. Und nur damit wir es einmal gesagt haben: Das SUPR SPORTS HUB hätte da bald auch noch Kapazitäten für ein paar Weltverbesserer mit Rädern …